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Münzwaagen und Gewichte (16.-20. Jahrhundert)


Lange bevor Münzen einen aufgeprägten und garantierten Wert (Nominal) besaßen, war vor allem ihr Edelmetallgehalt für die Kaufkraft entscheidend. So war die Münzwaage über Jahrhunderte der ständige Begleiter des Kaufmanns und Wechslers. Auch leiteten sich viele Nominalbezeichnung wie Schekel („das Gewogene“) oder Dupondius („zwei Pfund“) von Gewichten ab.

Seleukidisches Reich. Bleigewicht zu einer Mina, 162-145.
Seleukidisches Reich. Bleigewicht zu einer Mina, 162-145. Zuschlag: 6.000 Euro.

Speziell gefertigte Münzwaagen wurden zu allen Zeiten zum Prüfen von Münzen auf Vollgewichtigkeit und Echtheit benutzt. Im Mittelalter dienten vor allem leicht zusammenlegbare Klappwaagen zum Abwiegen von Münzen und Edelmetall („Hacksilber“), da die Menge der geprägten Sorten nahezu unüberschaubar war. Seit dem 16. Jahrhundert wurden die aus einem Waagebalken, Waagschalen und Gewichten bestehenden Sets der Münzwaagen zumeist in gut transportierbaren und dekorativen Holzkästen aufbewahrt. Die enthaltenen Gewichte lauteten dabei nicht auf eine bestimmte Maßeinheit wie Gramm oder Unze, sondern auf die entsprechenden Münznominale: Dukat, Taler oder Noble. Die Bestimmung der zu wiegenden Münzsorte erfolgte bei der Münzwaage entweder über die Schriftangabe auf dem Gewicht (bspw. 1 LsDOR = 1 Louis d’or oder 1 GOLD GULD = 1 Goldgulden) oder das darauf eingeprägte Bild der Münze. Zur Unterscheidung von den originalen Zahlungsmitteln waren die Gewichte der Münzwaagen dabei meist rechteckig und bestanden aus Messing.

Münzwaage 1757 von Jacob Grevenberg, Köln.
Münzwaage 1757 von Jacob Grevenberg, Köln. Zuschlag: 1.300 Euro.

In Deutschland stammen die meisten Münzwaagen des 16.-18. Jahrhunderts aus Nürnberg oder Köln und waren regelrechte „Exportschlager“ dieser Städte. Seit dem 18. Jahrhundert entstand im Bergischen Land ein weiteres Zentrum der deutschen Waagenherstellung und ganze Handwerkerfamilien waren etwa in Barmen, Radevormwald, Lennep oder Solingen über ein halbes Jahrhundert dort tätig. Im europäischen Raum wurden Münzwaagen auch noch in größeren Mengen in den Handelsmetropolen von Amsterdam, Paris, Mailand oder Venedig produziert. Noch im Kaiserreich waren kleine Schnellwaagen für die Überprüfung der 5-, 10- und 20-Goldmark-Stücke im allgemeinen Gebrauch (Patent-Goldmünzwaagen). Bekannt sind beispielsweise die Firma „A. Schimmel“ in Leipzig oder „Alex Bernstein & Co.“ aus Berlin. Seit dem Ende des 19. Jahrhunderts verlor jedoch bereits die Goldmünze und damit auch die Münzwaage ihre Bedeutung im Zahlungsverkehr.

Die detailreich gearbeiteten Waagen und ihre verzierten Holzkästen mit Herstellerangabe sind heute ebenso gefragte Sammelobjekte, wie die Münzen, zu deren Überprüfung sie einstmals hergestellt wurden. Neben den Münzwaagen können auch verwandte Messinstrumente wie Edelmetall- (mit Gewichten in Grain), Apotheker- (mit Gewichten in Grain, Drachm und Scruples) und Diamantwaagen (mit Gewichten in Carat) oder einzelne Gewichtssätze in die Sammlung miteinbezogen werden.

Franz Josef, 1948-1916. Dukat 1863, Wien.
Osmanische Kippwaage für Goldmünzen im Gewicht von ca. 2,4 g. Zuschlag: 7.500 Euro.

Erleben Sie die faszinierende Welt der Waagen und Gewichte in einer Zeit, die noch kein einheitliches Maß-, Münz- und Gewichtssystem kannte.

Einführungsliteratur

  • Bastian, R.: Die Münzwaage in der Hand des Sammlers, Schalksmühle 1983.
  • Eiselmayr, G.: Münzgewichte und Münzwaagen aus Österreich, Linz 2008.
  • Schnieder, J.: Europäische Waagen- und Gewichtemacher und ihre Marken, Rechtsupweg 2003.
  • Stumpf, G. / Kruse, F. W.: Auf die Goldwaage gelegt (Staatliche Münzsammlung München), München 1998.
  • Unshelm, G.: Die bergischen und märkischen Goldwaagen 1749-1850, Paderborn 2011.

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