Tiberius, 14-37 für Drusus und Livia. Æ-Dupondius, 22/23, Rom; 15,00 g. BMC 98; Coh. 1; RIC² 43.
RÖMISCHE MÜNZEN
MÜNZEN DER RÖMISCHEN KAISERZEIT
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Æ-Dupondius, 22/23, Rom; 15,00 g. Verschleierte Büste der Livia als Pietas r.//SC.
BMC 98; Coh. 1; RIC² 43.
Sehr attraktives Exemplar, gutes sehr schön
Exemplar der Auktion Peus Nachf. 333, Frankfurt am Main 1992, Nr. 694; der Auktion Lanz 68, München 1994, Nr. 330 und der Auktion NAC 54, Zürich 2010, Nr. 312.
David Vagi sieht auf dem Avers nicht Livia, sondern Livilla als Pietas dargestellt (Coinage and History of the Roman Empire c. 82 B.C. - A.D. 480, Sidney 1999, S. 127). Er sagt, diese seiner Ansicht nach korrekte Zuweisung sei im späten 19. Jahrhundert vorgeschlagen worden (er gibt allerdings keine Quelle an), aber in Vergessenheit geraten, da Henry Cohen ihr nicht gefolgt ist. Er hält diese Zuweisung für richtig, da auf den Dupondii RIC 43 (Pietas), 46 (Iustitia) und 47 (Salus Augusta) nur bei RIC 47"AVGVSTA" steht. Er schließt daraus, daß - da seiner Ansicht nach "AVGVSTA" hier den Titel der Livia angibt - nur auf RIC 47 Livia dargestellt sein kann und das Fehlen des Titels bei RIC 43 und 46 ein Beweis dafür ist, daß hier andere Damen - nämlich Livilla und Agrippina Senior - dargestellt sein müssen (Vagi, S. 115). David Vagi verkennt allerdings, daß die Aussage der Legende "SALVS AVGUSTA" nicht ist: "Salus, die Kaiserin (Livia)", sondern "die kaiserliche Salus", also eine ganz spezifische Salus. Mit dem Attribut Augusta war keine Namensangleichung an Livia gemeint, siehe Winkler, Lorenz, Salus. Vom Staatskult zur politischen Idee. Eine archäologische Untersuchung, Heidelberg 1995, S. 48. Damit fällt David Vagis Argumentation in sich zusammen. Das Fehlen des Attributes auf dem vorliegenden Stück beweist nichts und ist schlicht irrelevant. Will man in den Köpfen der Iustitia und (wie bei dem vorliegenden feinen Dupondius) der Pietas den Kopf einer kaiserlichen Dame erkennen (was diskutabel ist), so kann nur Livia gemeint sein, denn in der Provinzialprägung sind entsprechende Darstellungen durch Umschriften klar als Livia benannt und es ergibt inhaltlich Sinn:
So schreibt Alexander Mlasowsky, Nomini ac fortunae Caesarum proximi. Die Sukzessionspropaganda der römischen Kaiser von Augustus bis Nero im Spiegel der Reichsprägung und der archäologischen Quellen, Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts III (1996), S. 358: "Die alternde Iulia Augusta verkörperte im Sinne ihres Sohnes Tiberius im gesamten Imperium die Göttin des Herdfeuers, Vesta, und symbolisierte damit die ewigen Tugenden der Iustitia, Salus und Pietas."
Einen kaum zu widerlegenden Beweis dafür, daß auf dem vorliegenden Stück Livilla nicht dargestellt sein kann, liefert schließlich der Restitutionsdupondius des Titus (Komnick 17.0), denn die an der Ermordung des Drusus beteiligte Livilla war der Damnatio memoriae verfallen. Titus hätte einen Dupondius mit ihrem Bild also keinesfalls restituiert.
Wir folgen David Vagi also nicht in die dunkelsten Untiefen der Numismatik des 19. Jahrhunderts und bleiben bei der - wenn auch mit einem kleinen Fragezeichen versehenen (siehe Winkler, S. 47, bes. Anm. 197) - Identifikation der Pietas als Livia.