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Sklavenhandel, Gold und Zucker: Der Kurfürst von Brandenburg als Unternehmer

09. Oktober 2015 10:00


In Zusammenarbeit mit London Coin Galleries bietet das Auktionshaus Künker am 30. Oktober 2015 einen Teil der Sammlung der ehemaligen Preussag an. Darin befinden sich einige einzigartige Zeugnisse für die Edelmetallgewinnung und den Edelmetallhandel. Eine Medaille, die auf persönlichen Befehl Friedrich Wilhelms von Brandenburg, des großen Kurfürsten, angefertigt wurde, erinnert, auf welche Mittel man damals zurückgriff, um die Wirtschaft des Landes zu fördern. Der Herrscher von Preußen befahl die Gründung einer Handelskolonie, über die Sklaven, Elfenbein und Gold aufgekauft werden sollte.
 

 

Unter Losnummer 227 wird die Goldmedaille zu 25 Dukaten von 1681 angeboten.
Es ist das einzige erhaltene Stück dieser historisch so interessanten Emission.
Die Schätzung der Medaille beträgt 75.000 GBP.

 

Während im deutschen Reich der 30jährige Krieg tobte, brachte der Brandenburgische Kurfürst seinen kleinen Sohn Friedrich Wilhelm am Fürstenhof des Friedrich Heinrich von Oranien in Sicherheit. Die Niederlande erlebten damals ihr Goldenes Zeitalter. Die Gewinne aus dem Handel der Vereenigde Oostindische Compagnie flossen in großartige Gemälde, teure Gewürze und internationalen Luxus. Kein Wunder, dass der Prinz aus dem armen Brandenburg überlegte, wie auch sein Land an diesem Reichtum teilhaben könnte. Nach seinem Regierungsantritt heiratete er eine Tochter Friedrich Heinrichs von Oranien. Die brachte einen niederländischen Geschäftsmann mit, der dem Kurfürsten sofort Pläne vorlegte, wie eine Handelskompanie zu gründen sei.

Doch mehrere Versuche, in den lukrativen Gewürzhandel mit Ostindien einzusteigen, scheiterten. Es sollte bis 1681 dauern, ehe einem Projekt nachhaltiger Erfolg beschieden war, allerdings nicht in Ostindien, sondern in Westafrika. Im Frieden von St. Germain erhielt Brandenburg von Frankreich das Privileg, in dessen Häfen freien Handel treiben zu dürfen. Das war nicht ganz genau das, was Friedrich Wilhelm erhofft hatte. Er hatte seine Diplomaten angewiesen, das Monopol zu erwirken, die französischen Kolonien in der Karibik mit Sklaven beliefern zu dürfen. Das wäre ein lukratives Geschäft gewesen. Aber Ludwig XIV. war nicht interessiert. In eingeweihten Kreisen vermutete man, er traue dem kleinen Brandenburg so ein großes Handelsprojekt nicht zu. Man musste dem Sonnenkönig also beweisen, über welch wirtschaftliche Potenz das Land verfügte.

Benjamin Raule, der dieses Kunststück möglich machte, kam aus den Niederlanden. Er brachte den Kurfürsten von Brandenburg dazu, ihm zu erlauben, zwei privat finanzierte Fregatten unter brandenburgischer Fahne, aber selbstverständlich unter dem Kommando niederländischer Kapitäne nach Guinea segeln zu lassen.

Friedrich Wilhelm war einverstanden und ordnete an, dass man zwar Handel treiben solle, aber dabei alle Plätze meiden möge, an denen sich bereits fremde Handelsstützpunkte befänden. Sofern man angegriffen würde, dürfe man sich notfalls mit Waffengewalt verteidigen. Und für sich selbst hätte er gerne einige seltene Tiere wie Affen und Papageien sowie ein halbes Dutzend junger Sklaven im Alter von vierzehn bis sechzehn Jahren. Und dazu erließ der Kurfürst noch im Dezember 1680 ein Patent, das allen seinen Untertanen ausdrücklich erlaubte, in Guinea Gold, Elfenbein und Sklaven zu kaufen.

Zu Beginn des Jahres 1681 erreichte die kleine Expedition die Küste von Guinea. Sie stieß bei den einheimischen Händlern auf großes Wohlwollen. Der lukrative Sklavenhandel war nämlich strikt in zwei Bereiche geteilt: Einheimische Unternehmer machten im Landesinneren Gefangene, um sie an der Küste an westliche Unternehmer weiterzuverkaufen, die ihrerseits den Transport über den Atlantik übernahmen. Deshalb waren die einheimischen Unternehmer an möglichst vielen verschiedenen Abnehmern interessiert, die sich untereinander konkurrenzierten und so die Preise hoch hielten. Brandenburg war also nichts anderes als ein neuer Kunde, den man mit offenen Armen aufnahm.

Was die Konkurrenz, die Niederländische Handelskompanie, natürlich nicht tat. Es gab einen aggressiven Briefwechsel zwischen ihr und dem Kurfürsten, in dem die Niederländer darauf beharrten, dass sie das alleinige Recht hätten, in Guinea Handel zu treiben. Und als der Kurfürst dem widersprach, ließen sie kurz entschlossen eines der beiden Schiffe, das da unter der Flagge Brandenburgs an der Küste Guineas entlangsegelte, kapern.

Das andere Schiff hatte mehr Glück. Es brachte 100 Pfund Gold und 10.000 Pfund Elfenbein zurück sowie einen Vertrag mit drei lokalen Herrschern. Darin verpflichtete sich Brandenburg zum Bau einer Festung, in der Handel getrieben werden sollte. Die Einheimischen wollten den Bau unterstützen und erbaten eine brandenburgische Fahne, um ihr Bündnis anderen Händlern augenfällig zu beweisen. Dieser Vertrag führte zur Gründung von Fort Groß Friedrichsburg und zur Gründung der Brandenburgisch-Afrikanischen Companie.

Aus dem Gold aber, das die Expedition mitgebracht hatte, ließ Friedrich Wilhelm Medaillen prägen. Sie zeigen auf der Vorderseite ein Schiff – wahrscheinlich die zurückgekehrte Morian – mit der lateinischen Umschrift: Unter der Führung Gottes und den Auspizien seiner Hoheit dem Kurfürsten von Brandenburg. Die Rückseite widmet sich dem, worum es eigentlich ging. Wir sehen einen Sklaven in einer Küstenlandschaft, der auf einer großen Schale Goldkörner und Elfenbeinstoßzähne anbietet. Im Hintergrund sind mehrere Handelsschiffe dargestellt, Die Umschrift lautet in Übersetzung: Die Schifffahrt zu den Küsten von Guinea glücklich begonnen im Jahr 1681.

Auch später noch wurde diese Medaille auf Befehl des Kurfürsten in Emden, dem Heimathafen der Brandenburgisch-Afrikanischen Kompanie, nachgeprägt. Und das Deo Duce – unter der Führung Gottes – wiederholt sich auch auf den späteren Guinea-Dukaten, die in der Münzstätte von Berlin hergestellt wurden. 

Medaille und Guinea-Dukaten sind ein prachtvolles Beispiel dafür, welch große Rolle in der fürstlichen Selbstdarstellung es spielte, dass der Kurfürst von Brandenburg im Fernhandel aktiv war. Wahrscheinlich ließ Friedrich Wilhelm all den mit ihm verbündeten Herrschern solche Goldmedaillen als Verehrungen zukommen. Es wäre interessant zu wissen, ob er damals auch eine an Ludwig XIV. geschickt hat, um ihn so von der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit Brandenburgs zu überzeugen.

Doch obwohl die Medaille das Unternehmen im besten Licht zeigt, war es tatsächlich ein wirtschaftliches Desaster. Bereits 1692 war die Kompanie bankrott. Eine neu gegründete Nachfolge-Gesellschaft schaffte weitere 18 Jahre, ehe der preußische König Friedrich I. sie ohne irgendeinen Widerstand der Eigentümer in Staatsbesitz überführte und in den nächsten beiden Jahrzehnten langsam, aber stetig liquidierte.

23.583 Menschen sind auf Schiffen, die unter brandenburgischer Flagge fuhren, als Sklaven verschleppt worden. Das sind wesentlich weniger, als andere Nationen handelten, aber nichtsdestoweniger war jeder einzelne Mensch genau ein Mensch zu viel.