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Sextus Pompeius: Herr über Sizilien

07. März 2016


Keine andere Epoche der römischen Republik hat innovativere Bildschöpfungen hervorgebracht als der Bürgerkrieg zwischen Octavian, Marcus Antonius und Sextus Pompeius. In der kommenden Künker Herbst-Auktion 2016 wird ein hervorragendes Beispiel dafür versteigert: Sextus Pompeius beruft sich für diesen Aureus auf seinen Vater, Pompeius Magnus, und seinen Bruder Gnaeus.  

 

Auktion 280 - Losnummer 434: Sextus Pompeius, + 35 v. Chr. Aureus, 37/6 v. Chr., sizilische Münzstätte. Exemplar der Auktion NAC 86, Zürich 2015, Nr. 31; der Sammlung S. C. Markoff, Auktion NAC 62, Zürich 2011, Nr. 2006; der Sammlung Barry Feirstein, Auktion NAC 45, Zürich 2008, Nr. 43 und der Auktion Ars Classica XVII, Genf 1934, Nr. 680. Von großer Seltenheit. Revers leicht dezentriert, leichte Prägeschwächen, sonst sehr attraktives, vorzügliches Exemplar. Schätzung 150.000,- Euro 

Es ist ein einprägsames Münzbild: Auf der Vorderseite ist das Porträt eines Mannes abgebildet. Er trägt einen Bart, wie ihn sich Römer wachsen ließen, die um einen toten Verwandten trauerten oder im Felde standen. Auf den Dargestellten trifft beides zu. Die Umschrift nennt seinen Namen: MAG PIVS, also Pompeius Magnus Pius. Aber halt, es handelt sich nicht um den großen Gegenspieler Caesars, sondern um dessen Sohn Sextus. Darauf weist das „Pius“ in der Legende hin. Denn mit Pius bezeichneten die Römer nicht etwa das, was wir heute unter Frömmigkeit verstehen. Für sie war Pius vielmehr ein sich Unterwerfen unter die Vorgaben der Vorfahren, ein genaues Beachten ihrer Gebräuche. Und das beinhaltete natürlich auch Rache, wenn den Vorfahren ein Unrecht geschehen war. Und das hatten beide Männer, die auf der Rückseite abgebildet sind, erlitten, so sah es jedenfalls ihr Sohn bzw. Bruder. Pompeius der Große, im Münzbild links zu sehen, war auf seiner Flucht nach Ägypten ermordet worden. Gnaeus Pompeius, seinem Vater gegenüber, hatte nach der Schlacht von Munda durch die Hand eines Anhängers Caesars den Tod gefunden.

In ihre Tradition stellte sich Sextus Pompeius. Und das Münzbild, das er zu diesem Zweck schuf, war gleichzeitig etwas altrömisches und etwas sehr modernes.  

Der Ahnenkult war tief im römischen Denken verwurzelt. Jedes Haus hatte sein eigenes kleines Heiligtum, das Lararium. Dort wurden die verstorbenen Vorfahren gesamthaft als Laren verehrt. Mit in den Schrein stellte man die Ahnenbilder. Es handelte sich um sorgfältig mit Wachs abgeformte Totenmasken, die eine wichtige Rolle im Totenkult spielten. Verstarb ein bedeutender Mann, zogen in der Prozession, die den Leichnam begleitete, Schauspieler mit, die sich mit Hilfe der Wachsmasken in die Ahnen des Verstorbenen verwandelten. Mit Hilfe dieser Totenmasken hatten Münzmeister immer wieder realistische Porträts ihrer berühmten Vorfahren auf Denaren dargestellt. Sie taten dies, um ihr eigenes Ansehen zu steigern, indem sie zeigten, aus welch bedeutender Familie sie stammten.

Auf dieses Ideengut griff Pompeius zurück. Auch Brutus hatte dies getan und natürlich Octavian. Aber Pompeius steigerte das Motiv durch die Häufung der Porträts. Er bildet Vater und Bruder ab, überlässt ihnen dabei nur gemeinsam die Rückseite, um sich selbst groß in den Mittelpunkt zu stellen.

Interessant sind auch die Attribute, die er benutzt. Seinem Vater wird der Lituus zugeordnet als Zeichen dafür, dass er zur Priesterschaft der Auguren gehörte. Sein Bruder wird mit Hilfe des Dreifußes als Mitglied der Fünfzehnmänner zur Durchführung von Opfern charakterisiert. Ihnen waren die Sibyllinischen Bücher anvertraut.

Für sich selbst reklamiert Sextus Pompeius die Bürgerkrone aus Eichenlaub. Sie stand für die Rettung von römischen Bürgern aus Lebensgefahr und ist eine besonders boshafte Anspielung, denn es waren seine Gegner, Octavian und Marcus Antonius, die durch ihre Proskriptionen das Leben vieler Mitbürger bedroht hatten. Die waren nach Sizilien unter den Schutz des Pompeius geflohen, und der hatte auf ihre Bitten hin mit den Triumvirn den Vertrag von Misenum geschlossen. Darin wurden ihm viele Zugeständnisse gemacht, eines davon war das Ende der Proskriptionen, so dass alle Verbannten nach Rom zurückkehren konnten. 

Allerdings brach nicht lange danach erneut der Krieg aus. Denn weder Octavian noch Marcus Antonius dachten daran, die Zugeständnisse zu erfüllen, die sie Pompeius gemacht hatten.  

Soweit die Münzdarstellung. Aber wann genau wurde das Stück geprägt? Diese Frage wird heiß diskutiert. Bernhard Woytek (JNG 45 (1995), 79-94) schlägt mit guten Gründen vor, dass die Prägung zwischen dem Herbst des Jahres 37 und dem Frühsommer 36 stattgefunden hat. Sie wäre damit ein Zeugnis für den Endkampf zwischen Sextus Pompeius auf der einen und den Triumvirn auf der anderen Seite.  

Wie gesagt, der Krieg hatte wieder begonnen. Octavian hatte eine große Flotte gesammelt, mit der er Pompeius aus Sizilien vertreiben wollte. Doch bei Messina erlitt er eine vernichtende Niederlage. Ein Sturm schädigte seine Flotte so schwer, dass Octavian seine Pläne vorläufig aufgeben musste. Pompeius feierte dies als Sieg. Er nahm den Titel Imperator zum zweiten Mal an, den wir auf unserer Prägung lesen können (IMP ITER) und bereitete sich auf einen neuen Angriff des Octavian vor. Zu diesem Zweck ließ er Schiffe bauen, viele Schiffe. Und dafür brauchte er Geld, viel Geld. In diesen Zusammenhang gehört dieser Aureus. Er wurde geprägt, um den Schiffsbau zu finanzieren.  

Leider war dies umsonst. Im August des Jahres 36 fand die Schlacht von Naulochos statt. Agrippa, dem Freund und Verbündeten des Octavian, gelang es, fast 163 Schiffe des Pompeius zu versenken oder zu erobern. Damit war der Krieg beendet. Zwar konnte Pompeius mit einigen wenigen Getreuen nach Kleinasien fliehen, aber seine Macht war gebrochen. Er wurde im Sommer des Jahres 35 v. Chr. ohne Gerichtsverfahren in Milet hingerichtet.  

Octavian wusste übrigens diesen Tod doppelt zu nutzen: Er musste sich seitdem keine Sorge mehr um die Getreideversorgung Italiens machen. Und der „Mord“ des Pompeius diente Octavian als ein weiterer Vorwand für den Bürgerkrieg gegen seinen einstigen Verbündeten Marcus Antonius.