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Kaiserlicher Orden des hl. Apostels Andreas des Erstberufenen [Имперáторский орденСвятого Апостола Андрея Первозванного] (1698). Kollanen-Set, Anfertigung der Firma Albert Keibel in Sankt Petersburg zwischen 1899 und 1905, bestehend aus: Kolla

EUROPÄISCHE ORDEN UND EHRENZEICHEN
RUSSLAND, RUSSISCHES REICH (BIS 1917)

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Номер лота 437






Оценочная цена: 150 000.00 €
Присуждение: 220 000.00 €


Kaiserlicher Orden des hl. Apostels Andreas des Erstberufenen [Имперáторский орденСвятого Апостола Андрея Первозванного] (1698). Kollanen-Set, Anfertigung der Firma Albert Keibel in Sankt Petersburg zwischen 1899 und 1905, bestehend aus:

Kollane 2. Modell (1857-1917), bestehend aus sieben Adler-, sechs Andreaskreuz- und vier Monogramm-Gliedern, jeweils Gold feinst graviert und emailliert, zusammen 267,3 g, Emaille-Malerei, die Andreaskreuz-Glieder hohl gefertigt, auf der Rückseite mit Luftdruck-Ausgleichs-Öffnung, Doppeladler-Punze der Hoflieferanten von 1840 bis 1917, Herstellerpunze "AK" von Albert Keibel und Kokoschnik-Punze von 1899 bis 1908, die anderen Glieder auf der Rückseite mit Doppeladler-Punze der Hoflieferanten von 1840 bis 1917, Herstellerbezeichnung "Keibel" und Kokoschnik-Punze von 1899 bis 1908, tlw. feine Goldpatina, und

Kleinod 2. Modell (mit Kronen-Pendilien - 1856-1917), Gold tlw. graviert und emailliert, 73,3 g, feinste Emaille-Malerei, Emaille-Ausbrüche in Vorder- und Rückseite der linken Kronen-Pendilie, auf der Rückseite des rechten Arms des Andreaskreuzes Doppeladler-Punze der Hoflieferanten von 1840 bis 1917 (diese auch auf der Rückseite der rechten Adlerkralle) und des linken Arms Herstellerpunze "AK" von Albert Keibel und Kokoschnik-Punze von 1899 bis 1908, erstere auch auf der Rückseite der linken Adlerkralle, zusammen mit Kokoschnik-Gold-Punze zu 56 Zolotnik von 1899 bis 1908 mit Probiermeister-Zeichen "ЯЛ" für Yakov Lyapunov, mit originalem, alt konfektioniertem Schulterband, und

Bruststern, 4. Modell, 2. Ausführung (offiziell in Metall - ab 1855), Durchmesser 92,6 mm, Silber tlw. graviert, tlw. vergoldet, tlw. emailliert, Doppeladler-Punze der Hoflieferanten von 1840 bis 1917, Herstellerbezeichnung "Keibel" und Kokoschnik-Silber-Punze zu 84 Zolotnik von 1899 bis 1908 mit Probiermeister-Zeichen "ЯЛ" für Yakov Lyapunov, an Nadel, diese innen mit Doppeladler-Punze der Hoflieferanten von 1840 bis 1917, Herstellerbezeichnung "Keibel" und Kokoschnik-Punze 1899 bis 1908.

Alles zusammen im originalen, etwas beriebenen, goldfarben bedruckten originalen Verleihungsetui der Firma P. S. Petrov in Sankt Petersburg. BWK4 636, 637 und 641, RRU 1, 2 und 3; ZK2 3052, 3054 und 3059.

Herstellungsmäßig zusammengehörendes Set von exzellenter Anfertigungsqualität und in erstklassiger Erhaltung, im zugehörigen originalen Verleihungsetui. Es ist in seiner Anfertigungsqualität und Erhaltung von größter Seltenheit und ein eindrucksvolles Zeugnis der russischen Ordensgeschichte.


RR I-II

Provenienz

Erworben in den frühen 1990er Jahren in Antibes, Frankreich. Exemplar der Sammlung Thierry Mühlemann, Schweiz und der Auktion Fritz Rudolf Künker 253, Oktober 2014, Nr. 1121.

 

Zur Datierung des hier angebotenen St- Andreas-Kollanen-Sets

Entstanden ist das hier angebotene Set in der Werkstatt der Juweliersfamilie Keibel in Sankt Petersburg. Nach dem Tod von Julius "Ivan" Keibel (1825-1882) im Jahr 1882 übernahm sein Sohn Albert Konstantin Keibel (1854-1910) das Geschäft. Von 1882 bis 1905 hatte er als offizieller Ordensjuwelier einen Exklusivvertrag mit dem Ordenskapitel. Nachdem dieser jedoch 1905 nicht erneuert wurde, lieferte er seine Arbeiten dorthin nur bis zum Ende dieses Jahres.

Anhand der Punzen, die auf dem Set zu finden sind, lassen sich gute Angaben zu den Herstellungszeiträumen der einzelnen Stücke machen: Aufgrund der Punzierung kann der Herstellungszeitraum des Bruststerns auf die Jahre von 1899 bis 1905 eingegrenzt werden, der der Kollane aufgrund der Kombination der Herstellerpunze von Albert Keibel mit der Kokoschnik-Punze von 1899 bis 1908 auf die Jahre zwischen 1899 und 1905 und die Herstellung des Kleinods sogar auf die Jahre 1899 bis 1903, da Yakov Lyapunov laut Tammann (in TRP S. 4) nur in diesem Zeitraum als Probiermeister in Sankt Petersburg tätig war.

 

Die möglichen Träger

Leider ist es uns nicht gelungen, den Träger eindeutig zu identifizieren. Wir konnten jedoch die Anzahl der wahrscheinlichen Träger auf drei Personen reduzieren. Dies war zum einen durch die Datierung über die angegeben Punzierungen, und dem sich daraus ergebenden frühestmöglichen Datum einer Verleihung im Jahr 1903 möglich. Darüber hinaus vermuten wir augrund der frühen Provenienz in Südfrankreich, daß der Träger ein Mitglied der Romanow-Familie gewesen sein muß.

Laut der Ordensmatrikel wurden zwischen 1903 und 1917 nur vier Mitglieder der kaiserlichen Familie in den St. Andreas-Orden aufgenommen. Darunter der Sohn Nikolaus II. Zarewitsch Alexei Nikolajewitsch (1904-1918), der am 17. Juli 1918 zusammen mit der kaiserlichen Familie in Jekaterinburg von den Bolschewiki ermordet wurde. Seine Orden sind aller Wahrscheinlichkeit nach in Rußland verblieben.

Folglich kommen nach unseren Recherchen die drei folgenden als mögliche Träger in Frage. Bei den Recherchen hierzu wurden wir von Sergey Lewin vom staatlichen Historischen Museum Moskau großzügig unterstützt, wofür wir uns hier ausdrücklich bedanken möchten.

Fürst Gavriil [Gabriel] Konstantinowitsch Romanow von Rußland (Verleihung am 6. November 1907).

Gavriil Konstantinowitsch (1887-1955) war der zweite Sohn von Großfürst Konstantin Konstantinowitsch (1858-1915) und dessen Gemahlin Elisabeth, geb. Prinzessin von Sachsen-Altenburg (1865-1927). Mit Unterstützung des russischen Schriftstellers Maxim Gorky gelang ihm 1919 die Flucht über Finnland nach Frankreich, wo er sich bei Paris niederließ. Er war zweimal verheiratet, hatte aber keine Nachkommen. Am 28. Februar 1955 starb Prinz Gabriel Konstantinowitsch in Paris und wurde auf dem Russischen Friedhof Sainte-Geneviève-des-Bois in Paris beigesetzt.

Fürst Vasili Alexandrowitsch Romanow von Russland (Verleihung am 7. Juni 1912)

Vasili Alexandrowitsch (1907-1989) war der jüngste Sohn von Großfürst Alexander Michailowitsch (1866-1933) und dessen Gemahlin Xenia Alexandrowna, geb. Großfürstin von Rußland (1875-1960). Im März 1918 auf der Halbinsel Krim unter Hausarrest gestellt, wurde er im Mai desselben Jahres von deutschen Truppen befreit. Mit weiteren Angehörigen der kaiserlichen Familie konnte er im April 1919 mit dem britischen Kriegsschiff HMS Marlborough nach England entkommen. Von dort wanderte er Ende der 1920er Jahre aus in die Vereinigten Staaten von Amerika, wo er 1989 in Woodside, Kalifornien gestorben ist.

Fürst Roman Petrowitsch Romanow von Russland (Verleihung am 29. Dezember 1916)

Roman Petrowitsch (1896-1978) war der einzige Sohn von Großfürst Peter Nikolajewitsch (1864-1931) und dessen Gemahlin Militza, geb. Prinzessin von Montenegro (1866-1951). Seit 1916 Offizier, gelang ihm zusammen weiteren Angehörigen der kaiserlichen Familie im April 1919 mit dem britischen Kriegsschiff HMS Marlborough die Flucht nach England. Von dort siedelte er dann nach Cap d'Antibes über, wo er sich mit seiner Familie niederließ. Er war der Vater von Fürst Nikolaus Romanowitsch Romanow (1922-2014) und von dessen Bruder Fürst Dimitri Romanowitsch Romanow (1926-2016), Fachbuchautor phaleristischer Standardwerke über die Auszeichnungen des Russischen Reichs, Serbiens und Jugoslawiens, Montenegros und Griechenlands.

 

Zur Geschichte des St. Andreas-Ordens

Die Geschichte des "Orden des Heiligen Andreas des Erstberufenen" nimmt ihren Anfang bei Kaiser Petr I. "der Große" (1672-1725, reg. als Zar seit 1682, als Kaiser seit 1725). Petr wurde auf seinen Reisen auf die westeuropäische Praxis der Ordensverleihung für außergewöhnliche militärische Verdienste aufmerksam. Bis zu diesem Zeitpunkt wurden im Kaiserreich als Wertschätzung für derartige Erfolge Ländereien oder Geldwerte vergeben. Die Loyalität, die die Träger der verliehenen Orden ihren jeweiligen Stiftern entgegenbrachten, imponierte ihm. So stiftete er mit Datum vom 30. November 1698 den einklassigen "Orden des Heiligen Andreas des Erstberufenen", der auch nach der Einführung weiterer russischer Orden seinen Rang als höchste Auszeichnung nicht verlor. Gewidmet wurde er dem ersten von Christus berufenen Apostel Andreas, dem Patron Rußlands.

Neben der Ausführung in Gold konnte der Orden als besonderer Gnadenerweis des Kaisers "in Brillanten" verliehen werden. Seit 1804 konnten durch eine persönliche Entscheidung des Kaisers diejenigen Ritter des St. Andreas-Ordens, die die entsprechenden Orden noch nicht erhalten hatten, bei der Verleihung gleichzeitig auch noch den St. Alexander Newsky-Orden und die 1. Klasse des St. Annen-Ordens erhalten. Ab 1831 war es darüber hinaus möglich, den Weißen Adler-Orden und ab ca. 1857 auch die 1. Klasse des St. Stanislaus-Ordens zusätzlich zu verleihen.

Blickt man auf die Liste der Träger des St. Andreas-Ordens, fallen neben den hochrangigen russischen Personen eine Reihe bedeutender ausländischer Persönlichkeiten ins Auge, denen der Orden über die Jahrhunderte verliehen wurde. Eine derartige Verleihung der Kollane an Ausländer war ab 1842 möglich. 1846 wurden zusätzlich die Bruststerne für Nichtchristen eingeführt. Ab dem Jahr 1855 wurde die Verleihung von Bruststernen in Metall offiziell eingeführt. 1855 kamen gekreuzte Schwerter auf den Insignien "für Tapferkeit im Kampf" dazu.

Von der Provisorischen Regierung 1917 übernommen, jedoch nie verliehen, wurde er von den Bolschewiki nach der Revolution abgeschafft. Aus Anlaß des 300. Stiftungsjubiläums wurde der Orden vom russischen Präsidenten Boris N. Jelzin (1931-2007, Präsident von 1991 bis 1999) am 1. Juli 1998 erneuert. Die wieder ins Leben gerufene Auszeichnung ist heute, genau wie in der Kaiserzeit, der höchste zu vergebende Orden der Russischen Föderation.