Die Münzen des mittelalterlichen Mainz - Ein Blick auf die Sammlung Dr. Adelheid und Dr. Michael Loos
16. февраль 2018 13:54
Mainz gehört zu den Städten des Römischen Reichs Deutscher Nation, die ihre Entstehung tatsächlich bis zu den Römern zurückverfolgen können. Es handelte sich um ein Legionslager, das 13/12 v. Chr. von Nero Claudius Drusus während seiner Feldzüge gegen die Germanen errichtet worden war. Als das römische Reich verfiel, übernahm der Bischof die Funktion der ordnenden Macht. Während viele Städte an Bedeutung verloren, blieb Mainz ein städtisches Zentrum, vor allem deswegen, weil Bonifatius, der Missionar Germaniens, sich hier niederließ. Seine Nachfolger nahmen deshalb eine ganz besondere Stellung unter den deutschen Bischöfen ein.
Auch wenn dem Erzbischof von Mainz der Ehrentitel eines Primas Germaniae nie im juristischen Sinne verliehen worden war, auch wenn die Bischöfe von Trier und Köln den Vorrang des Mainzers vehement bestritten, bürgerte es sich doch ein, dass der Mainzer Erzbischof eine ganz besondere Stellung in der Reichspolitik einnehmen sollte.
Heinrich I. von Harburg zum Beispiel, der für die Prägung dieses Brakteaten verantwortlich zeichnet, diente als Reichsverweser, als Konrad III. am verhängnisvollen Zweiten Kreuzzug teilnahm. Wir sehen den mächtigen Bischof auf unserem Brakteaten. Nein, er ist nicht der Mann im Bischofsornat mit Krummstab und Evangelium. Das ist der hl. Martin, der Schutzheilige des Bistums seit fränkischer Zeit.
Heinrich von Harburg ist mit der Tonsur des Geistlichen im unteren Bereich des Brakteaten dargestellt. Er erhebt die Hände zum Gebet und stellt sich so als Mittler zwischen den Menschen und dem hl. Martin dar.
Übrigens, geprägt wurde der Brakteat nicht in Mainz, sondern in Erfurt, einem von Bonifatius gegründeten Bistum, das seit dessen Herrschaft mit dem Bistum Mainz vereinigt war.
Grabmal des Peter von Aspelt, Erzbischof von Mainz, 1306-1320, im Mainzer Dom. Es zeigt ihn als Königsmacher. Ihm verdanken die Wahl: Heinrich von Luxemburg, Johann von Böhmen und Ludwig der Bayer. Foto: UK.
1244 erhielten die Bürger, die sich um den Bischofssitz angesiedelt hatten, für ihren Stadtteil das Stadtrecht. Damit existierten sozusagen zwei Siedlungen nebeneinander: Die Stadt des Bischofs und die Stadt der Bürger.
Diese machte nur zehn Jahre später durch ein großartiges Wirtschaftsprojekt von sich reden. Auf Initiative von Mainzer Bürgern schlossen sich ab 1254 nach und nach 59 wichtige Handelsstädte im Rheinischen Städtebund zusammen. Diese finanzierten gemeinsam eine Kriegsflotte auf dem Rhein, um die Schifffahrt zu schützen, und forderte die Abschaffung der zahlreichen Zollstellen, durch die alle Waren, die auf dem Rhein transportiert wurden, um ein Vielfaches verteuert wurden. Mit dem Rheinischen Städtebund wird deutlich, welch boomender Wirtschaftsraum entlang des Rheins entstanden war. Und dieser einheitliche Wirtschaftsraum brauchte natürlich auch eine einheitliche Handelswährung.
Von der Mitte des 13. bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts behalf man sich mit ausländischen Münzen. Besonders beliebt waren die Florentiner Gulden, aber auch die Turnosen aus Frankreich waren gerne gesehen.
1346 erteilte Karl IV. den Erzbischöfen von Trier und Köln das Recht, Goldmünzen zu prägen, um sich ihre Unterstützung im Kampf gegen Ludwig den Bayern zu sichern. 1354 erhielt auch der Mainzer Erzbischof Gerlach von Nassau dieses Privileg. Der war im Streit um das Mainzer Erzbistum sein Kandidat gewesen, während Ludwig Heinrich III. von Virneburg unterstützt hatte. Ende 1353 starb Heinrich und Gerlach konnte sein Bistum in Besitz nehmen.
Noch Gerlach von Nassau begann, in der Mainzer Münzstätte Eltville Goldgulden nach florentinischem Vorbild zu prägen.
Ab 1365/0 entstanden Mainzer Goldgulden mit eigenem Bild. Mainz war damit der erste Münzstand, der sein Münzbild völlig von dem florentinischen Vorbild löste. Die Vorderseite zeigt das Wappen der Stadt Mainz, auf der Rückseite sieht man den Mainzer Bischof in vollem Ornat mit Krummstab und Mithra frontal auf einem Thron sitzend, der mit gotischen Fialen verziert ist.
Geprägt wurden diese Münzen ebenfalls nicht in Mainz, sondern in Bingen, das 1365 Eltville als Münzstätte der Mainzer Bischöfe ablöste.
1385 ist numismatisch gesehen ein äußerst wichtiges Datum. In diesem Jahr schlossen sich die vier Kurfürsten, deren Territorium am Rhein angrenzte - also Köln, Mainz und Trier sowie die Pfalz -, zu einem Münzverein zusammen. Ihre Vereinsmünze wurde der rheinische Gulden. Der Vertrag legte nicht nur Gewicht und Feinheit für diese Münze fest, sondern auch ihre Darstellung. Auf der Vorderseite sollte Johannes der Täufer zu sehen sein, die Rückseite war den Wappen der Teilnehmer gewidmet, wobei das Wappen des Prägeherrn prominent in der Mitte platziert wurde.
Insgesamt 25 Verträge wurden zwischen 1385 und 1515 geschlossen. Dabei wechselten von Vertrag zu Vertrag die Teilnehmer. Auch die Motive wurden immer mal wieder ersetzt. Unser Stück hier zeigt den hl. Petrus, der den hl. Johannes auf der Münzvorderseite ablöste. Auf der Rückseite sehen wir wieder die Wappen der teilnehmenden Münzstände mit dem Mainzer Wappen in der Mitte.
Das Amt des Mainzer Bischofs blieb ein Problem. Denn einerseits war er ein mächtiger Reichsfürst, der während einer Sedisvakanz oder der Abwesenheit des Kaisers ein wichtiges Reichsamt ausübt, andererseits war er ein entscheidender Vertreter des Papstes - und trotzdem fand eine Wahl statt, die von einem von beiden Autoritäten unabhängigen Domkapitel ausgeführt wurde. So wurde 1495 mit Dietrich von Isenburg ein Bischof gewählt, der nicht bereit war, die 20.000 Gulden, die er dem Papst für seine Investitur zu zahlen hatte, aufzubringen. Daraufhin betrieb der Papst seine Absetzung. Statt seiner sollte der unterlegene Adolph von Nassau das Amt übernehmen.
Die mächtige Bürgerschaft von Mainz widersetzte sich der päpstlichen Forderung, die übrigens auch vom Kaiser unterstützt wurde. Es kam zum Kampf. 1462 gelang es Adolph von Nassau, Mainz zu erobern. Die Stadt wurde gebrandschatzt. 400 Menschen verloren ihr Leben. Ein großer Teil der Bewohner wurde der Stadt verwiesen, und die Mainzer Bürgerschaft verlor ihren Status als freie Reichsstadt.
Adolph von Nassau beherrschte die nun ausschließlich bischöfliche Stadt bis zu seinem Tod im Jahr 1475.
Danach wählte das Mainzer Domkapitel noch einmal den unterlegenen Dietrich von Isenburg, der diesmal wohl brav seine Gebühren in Rom zahlte und von Papst Sixtus IV. im Amt bestätigt wurde.
1515 wählte das Domkapitel Albrecht von Brandenburg als neuen Erzbischof von Mainz. Der amtete bereits als Erzbischof von Magdeburg und als Administrator von Halberstadt, zwei Ämter, für deren Erwerb er hohe Gebühren an den römischen Papst zahlen musste. Um die päpstliche Zustimmung zum dritten Bistum zu erhalten, wurden wieder hohe Summen fällig, für die Albrecht einen Kredit aufnehmen musste. Der sollte dank des Verkaufs von Ablassbriefen finanziert werden. Was dann geschah, gehört zum historischen Grundwissen: Martin Luther ärgerte sich über den Dominikanerpater Johann Etzel, der für Albrecht von Brandenburg Ablassbriefe verkaufte und schickte seine 95 Thesen an dessen Auftraggeber. Damit hatte die Reformation begonnen. Und das Mittelalter endgültig geendet.