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Die Julius-Löser

09. октябрь 2015 10:00


Die ältesten Löser stammen aus dem Jahr 1574. Es sind faszinierende Prägungen. Sie zeigen auf der Vorderseite das Bild des Herzogs Julius von Braunschweig-Lüneburg in Rüstung, in der rechten Hand die Streitaxt, die linke auf dem Griff des Schwertes ruhend. Links und rechts ist das Jahr der Prägung eingraviert. Auf der Rückseite ist der Wappenschild des Herzogs abgebildet, gehalten von zwei wilden Männern. Der rechte präsentiert ein brennendes Licht, der linke einen Reichsapfel, auf dem Platz ist für die Wertzahl.

 

Braunschweig und Lüneburg. Julius, 1568-1589. Löser zu 10 Reichstalern 1574, Heinrichstadt (Wolfenbüttel), ausgeprägt im Gewicht von 9 Reichstalern. Mit mitgeprägter Wertzahl. 
Schätzung: 10.000 GBP.

 

Charakteristisch sind die mit Linien abgetrennten Schrift- und Motivbänder. Sie beinhalten nicht nur den Titel des Prägeherrn, Von Gottes Gnaden Julius Herzog zu Braunschweig und Lüneburg, sondern auch eine genaue Beschreibung der Prägung, Neue Münze, geprägt in Heinrichstadt nach des Reichs Schrot und Korn, genannt Braunschweiger Julius-Löser im Wert 10 Taler. Weitere Zitate, meist aus der Heiligen Schrift werden hinzugefügt, genauso wie die höchst ungewöhnliche Darstellung der zwölf Sternzeichen sowie der damals bekannten sieben personifizierten Planeten des Sonnensystems.

 

Braunschweig und Lüneburg. Julius, 1568-1589. Löser zu 8 Reichstalern 1588. Heinrichstadt (Wolfenbüttel).
Mit eingepunzter Wertzahl. Schätzung 15.000 GBP.

 

Verantwortlich für die Prägungen ist Julius von Braunschweig-Lüneburg (1568-1589). Er war eine Ausnahmeerscheinung des 16. Jahrhunderts. Gehbehindert und eigentlich dazu bestimmt, Priester zu werden, übernahm er wegen des Tods seiner älteren Brüder das väterliche Herrschaftsgebiet. Er erbte ein ausgeblutetes Land. Doch durch seine außergewöhnliche Bildung war er in der Lage, eine gezielte Wirtschaftspolitik zu betreiben. Der Landesvater wurde zum Unternehmer. Eines seiner Projekte war der Julius-Löser, eine internationale Währung, die sich für den Fernhandel und zum Sparen eignete.

Denn, und das machen wir uns heute oft nicht in seiner vollen Bedeutung klar, das Geld der frühen Neuzeit war nur bedingt dazu geeignet, für viele Jahre auf die Seite gelegt zu werden. Die meisten Nominale des täglichen Gebrauchs ähnelten unseren Fiatwährungen: Der Silbergehalt entsprach nicht annähernd ihrem Nominalwert. Solche Münzen verloren ihren Wert jenseits der Landesgrenze, und selbst in ihrem eigentlichen Umlaufgebiet wurden sie regelmäßig ungültig, sobald der Herrscher sie verrief und gegen eine neue Währung – natürlich mit Aufgeld – eintauschen ließ. Dies war in einer Zeit, in der die Steuererhebung in den Kinderschuhen steckte, eine der wenigen Methoden, ein sicheres Einkommen zu erzielen.
Sparen konnte man also nur mit den Münzen, deren Nominalwert mit dem intrinsischen Wert übereinstimmte, also mit Talern, Dukaten und eben mehrfachen Talern, wie es die Löser waren, die Julius herausgab.

Numismatiker haben in diesen Julius-Lösern sogar noch mehr sehen wollen. Sie zogen eine ziemlich zweifelhafte Quelle heran, in der zu lesen stand, dass jeder Bürger in Braunschweig-Lüneburg eine bestimmte Anzahl dieser Münzen kaufen musste, um sie im Notfall dem Landesherrn als Darlehen zu geben. Allein wenn man sich den Aufwand überlegt, der mit so einer Maßnahme verbunden gewesen wäre, kommt man zu dem Urteil, dass die Quelle, die noch dazu erst etwa zwei Generationen später verfasst wurde, hier etwas nicht richtig verstanden haben kann. Diese Interpretation ist heute völlig überholt.

Tatsächlich hilft eine unauffällige Quelle wesentlich weiter, wenn es um die Intention geht, die hinter den Julius-Lösern steht. Am 7. Oktober 1573, also noch ein paar Monate vor der Ausprägung der ersten Juliuslöser, gab der Herzog eine offizielle Tarifierung heraus. Das war in der frühen Neuzeit in etwa das, was uns heute in bunt beleuchteten Ziffern an den Wechselstuben in aller Welt entgegenleuchtet. Eine Tarifierung gab die Kurse an, zu denen eine Münze eingetauscht werden konnte, und sie nannte natürlich die Gebühren, die für einen Umtausch gezahlt werden mussten. Interessant ist dabei der Ort, an dem der Juliuslöser verzeichnet ist. Er wird direkt nach dem Hamburger Portugalöser aufgeführt, was dafür spricht, dass Julius seine neue Münze mit dem bereits eingeführten und sehr beliebten Nominal in Verbindung bringen wollte.
Die Hamburger Portugalöser (oder sprachlich korrekt Portugaleser) waren Goldmünzen im Gewicht von 10 Dukaten, deren Vorbild ihrerseits die portugiesischen 10 Cruzados-Stücke waren. Letztere kannte man in ganz Europa, da die Hauptimporteure des nordafrikanischen Goldes, die Portugiesen, das Gold in eben dieser Form nach Nordeuropa exportierten. Daher der Name. Ein Portugaleser war nichts anderes als eine Portugalesische Goldmünze.

Ob aus Portugal direkt oder aus Hamburg, die Portugalöser waren hochwertige Münzen, die wegen ihres gleichbleibenden Gewichts und Feingehalts im internationalen Handel gerne genommen wurden und ein besonders wertbeständiges Sparguthaben darstellten. Dafür zahlte man beim Wechseln gerne ein hohes Aufgeld, und darauf spekulierte Julius von Braunschweig-Lüneburg.

Der verfügte nämlich durch seine Aktivitäten in der Bergbauregion des Harzes ebenfalls über einen begehrten Rohstoff, das Silber. Und damit wollte er eine beständige Fernhandels- und Sparwährung etablieren, mit der auch er ein ordentliches Aufgeld einnehmen würde. Die bereits erwähnte, erste Tarifierung legt fest, dass 15 Mariengroschen für den Erwerb eines Juliuslösers zu zahlen waren. Das war viel. Für den „normalen“ Taler fiel nämlich nur ein Mariengroschen an. Im Verhältnis kostete der Juliuslöser also das anderthalbfache. Dazu versuchte der Herzog noch zusätzlich zu verdienen. Während auf allen Lösern des ersten Jahrgangs von 1574 zehn bzw. fünf Taler als Wert angegeben ist, entspricht ihr Gewicht lediglich neun bzw. viereinhalb Talern.

Es gibt zwei mögliche Erklärungen für dieses Phänomen. So könnten die Stempel schon geschnitten gewesen sein, als man sich entschied, die Löser in geringerem Wert auszuprägen. Oder der vom Nominalwert abweichende intrinsische Wert war dazu gedacht, die Menschen zu ermutigen, diese Großsilbermünze lieber in Braunschweig-Lüneburg auszugeben, wo sie rund 10 % mehr wert war. Dies könnte als währungspolitische Maßnahme verstanden werden. Wie auch immer, dem von staatlicher Seite untergewichtig ausgeprägten Lösern kann kein Erfolg beschieden gewesen sein. Schon 1576 wurde der Wert eines Stückes passend zum Gewicht von Hand eingepunzt.

Auch wenn sich die Julius-Löser nicht so weit verbreiteten wie die Hamburger Portugalöser war ihr Erfolg enorm, nicht bei den Sparern, sondern bei den Sammlern. Wir wissen, dass man bereits im Jahr 1722 rund 40 bis 50 Taler zahlen musste, um so einen Julius-Löser zu erwerben. Das war bei einem Löser zu 10 Talern immerhin das 4 bis 5fache des Silberwerts. Dies machten sich nun die Münzmeister von Braunschweig-Lüneburg zu nutze. Sie hatten ja noch die originalen Stempel in ihrer Münzstätte, und prägten auf Sammlerwunsch die beliebten Schaustücke. Nicht alle davon waren vollgewichtig. Das war billiger, verhieß entweder dem Münzmeister einen größeren Gewinn oder dem Käufer einen niedrigeren Preis.
Wie auch immer, im Jahr 1699 teilte die Verwaltung Rudolf Bornemann, Münzmeister von Zellerfeld und Goslar, mit, er solle künftig, wenn er schon Löser verkaufe, den Münzwardein hinzuziehen, damit diese das korrekte Gewicht besäßen.

Löser waren eben schon im 17. Jahrhundert ein exklusives Sammelgebiet, das sich nicht alle leisten konnten. Doch die wunderbaren Gepräge geben mit ihren detailreichen Darstellungen einen einmaligen Einblick in das, worauf ein Fürst in der frühen Neuzeit stolz war.

 

Das Auktionshaus Künker freut sich, in Zusammenarbeit mit den London Coin Galleries Ltd. die Löser-Sammlung der Preussag, heute TUI, anbieten zu dürfen. Es handelt sich um die größte Löser-Sammlung, die jemals auf den Markt gekommen ist. Allein vom Juliuslöser werden 12 – nach Jahrgang und Gewicht verschiedene – Stücke angeboten. Insgesamt umfasst der Katalog 217 Löser und 327 Bergwerksprägungen.