Kaiserlicher Orden des hl. Apostels Andreas des Erstberufenen [Имперáторский орден Святого А&
BEDEUTENDE ORDEN UND EHRENZEICHEN AUS ALLER WELT
Europa, RUSSISCHES REICH (BIS 1917)
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Kollane, 2. Modell (1857-1917), bestehend aus insgesamt 17 Ketten-Gliedern, jeweils 583/000 (14 kt - 56 зол.) Gold feinst graviert und emailliert, Gesamtgewicht 261,8 g. Die sieben Adlerglieder, ca. 61 (mit Ösen) x 41 mm, mit Medaillons in Emaille-Malerei, mit Meisterpunzen "BД" wohl für Wladimir Dinakow, Herstellerpunzen "ЭДУАРДЪ" und Kokoschnik-Punzen für 56 Zolotnik von 1908 bis 1917 (1926) auf den Reversen, die sechs Andreaskreuz-Glieder, ca. 48 (mit Ösen) x 41 mm, hohl gefertigt, mit Luftdruck-Ausgleichs-Öffnungen auf den Reversen, ohne Punzierung, die vier Monogramm-Glieder, ca. 61 (mit Ösen) x 54 mm, mit Meisterpunzen "BД" wohl für Wladimir Dinakow, Herstellerpunzen "ЭДУАРДЪ" und Kokoschnik-Punzen für 56 Zolotnik von 1908 bis 1917 (1926) auf den Reversen und die 18 Verbindungs-Glieder, ca. 15 x 9 mm, mit Kokoschnik-Punzen von 1908 bis 1917 (1926) auf den Reversen.
Spätere Nachfertigung eines Kleinods, 2. Modell (mit Kronen-Pendilien - 1856-1917), wohl 583/000 (14 kt - 56 зол.) Gold-Guß [cast] (!), tlw. graviert und emailliert, die Emaille wellig (!), Gewicht 70,3 g, feinste Emaille-Malerei, min. Emaille-Ausbruch auf dem Revers der rechten Pendilie der Krone, mitgegossene (!) Herstellerpunze "ЭДУАРДЪ" auf dem Avers der rechten Adlerkralle, mitgegossene (!) Kokoschnik-Punze für 56 Zolotnik von 1899 bis 1908, mit Probiermeister-Zeichen "AP" für A. Rikhter auf dem Revers der linken Adlerkralle, wohl mitgegossene und abgeschliffene (!) Herstellerpunze "ЭДУАРДЪ" auf dem Revers des rechten oberen Arms des Andreaskreuzes, wohl mitgegossene und abgeschliffene (!) Meisterpunze "ИЛ" für Johann Lindstedt auf dem Revers des linken oberen Arms des Andreaskreuzes, tlw. verdeckte, wohl mitgegossene und abgeschliffene runde Punze auf dem Revers des rechten unteren Arms des Andreaskreuzes und mitgegossene Meisterpunze "ИЛ" für Johann Lindstedt auf dem Revers des Tragebogens der Krone, der linke Einhängehaken auf dem Revers der Krone tlw. abgebrochen, aber separat beiliegend. Das Kleinod paßt nicht korrekt in die dafür vorgesehene Einlage des Etuis.
Mit altem konfektionierten Schulterband.
Bruststern, 4. Modell, 2. Ausführung (offiziell in Metall - ab 1854), mit dem typischen, für die Bruststerne der Firma Eduard hochgewölbten Sternkorpus, 93,9 x 93,6 mm, 875/000 (84 зол.) Silber, das Revers vergoldet, das Medaillon 875/000 (84 зол.) Silber vergoldet und emailliert, Gewicht 70,2 g, mit Meisterpunze "BД" wohl für Wladimir Dinakow, Herstellerpunze "ЭДУАРДЪ" Kokoschnik-Punze für 84 Zolotnik von 1908 bis 1917(1926) und Kokoschnik-Punze von 1908 bis 1917 (1926) auf der rückseitigen Medaillon-Abdeckung, an Nadel, 875/000 (84 зол.) Silber vergoldet, mit Kokoschnik-Punze von 1908 bis 1917 (1926) auf der Oberseite.
Im originalen alten, goldfarben bezeichneten Verleihungsetui der Firma P. Petrow in Sankt Petersburg, 238 mm tief, 385 mm breit und 68 mm hoch, mit weißer Einlage, mit Herstellerbezeichnung auf der Innenseite des Deckels.
II
Bis auf das Kleinod herstellungsmäßig zusammengehörendes Set von hervorragender Anfertigungsqualität und in erstklassiger Erhaltung, im zugehörigen originalen Verleihungsetui.
Zum Hersteller und zur Datierung des hier angebotenen St.-Andreas-Kollanen-Sets
Das hier angebotene Set entstand in der Werkstatt der Firma Eduard in Sankt Petersburg. Laut Tamman (in TRP S. 23) wurde die Firma entweder 1898 oder 1901 von Eduard Fernandowitsch Dietwald gegründet; sie spezialisierte sich u. a. auf die Herstellung von Ordensinsignien. Nachdem der Exklusiv-Vertrag der Firma Keibel (in Sankt Petersburg) mit dem Kapitel der kaiserlichen und königlichen Orden im Jahre 1905 nicht verlängert worden war, begann auch Eduard, dieses zu beliefern. Nach Dietwalds Tod im Jahre 1909 übernahm seine Frau Varvara Petrowna Dietwald die Firma, die 1912 insgesamt 140 Arbeiter beschäftigte. Ca. 1912 erfolgte deren Umwandlung in eine Kommandit-Gesellschaft und 1914 in eine Aktien-Gesellschaft. Zu diesem Zeitpunkt erwarb Dimitri Iwanowitsch Osipow, Eigentümer der gleichnamigen, seit vor 1899 existierenden Firma, die Aktienmehrheit der Firma. Eduard lieferte 1917 auch die Ordensinsignien für die Provisiorische Regierung, wurde dann aber wohl als Folge der Oktober-Revolution 1918/1919 geschlossen.
Anhand der Punzierung mit der im Jahre 1908 eingeführten Kokoschnik-Punzierung (mit Kopf nach rechts) läßt sich die Herstellung von Kollane und Bruststern auf zwischen 1908 und Anfang 1917 datieren. Laut Levin (in LVA S. 36 f.) erfolgten zwischen dem 25. März 1908 und dem 27. Januar 1917 nur 47 Verleihungen des Ordens. Da davon auszugehen ist, daß in diesem Zeitraum wohl vor allem zurückerstattete Kollanen-Sets verliehen worden sind, dürften nur sehr wenige neue bei Eduard in Auftrag gegeben worden sein. Somit sind die Anfertigungen dieser Firma als weitaus seltener zu betrachten als die bis 1905 angefertigten Exemplare der Firma Keibel.
Zur Geschichte des St. Andreas-Ordens
Die Geschichte des Ordens nimmt ihren Anfang bei Zar Peter [Пётр] I. Alexejewitsch, "der Große" (1672-1725, regierte seit 1682 als Zar, ab 1721 als Kaiser) Er war im Verlauf seiner Reisen auf die westeuropäische Praxis der Ordensverleihung für außergewöhnliche militärische Verdienste aufmerksam geworden. Bis zu diesem Zeitpunkt wurden in Rußland als Wertschätzung für derartige Erfolge Ländereien oder Geldwerte vergeben. Peter I. war laut Überlieferung von der emotionalen Tragweite einer solchen Verleihung tief beeindruckt. Die Loyalität, die die Träger der verliehenen Orden ihren jeweiligen Stiftern entgegenbrachten, imponierte ihm sehr.
Und so geschah es, daß der Orden des Heiligen Andreas des Erstberufenen mit Ukas vom 30. November 1698 von Peter I. - zunächst - als Auszeichnung für im Großen Türkenkrieg von 1683 bis 1699 erworbene Verdienste gestiftet wurde. Es handelte sich dabei um einen einklassigen Ritterorden, der auch nach der Einführung weiterer russischer Orden seinen Rang als höchste Auszeichnung des Kaisers nicht verlor. Gewidmet wurde er dem laut Johannes-Evangelium (Kapitel 1, Verse 35 bis 42) von Jesus Christus als erstem berufenen Apostel Andreas, dem Patron des Russischen Reiches. Als Inspiration soll Peter der schottische Distelorden gedient haben, den er bei seinem Besuch in London kennengelernt hatte.
Der Wahlspruch des neuen Ordens, der auf dem Medaillon-Ring des Bruststerns zu lesen ist, lautet "Für Glauben und Treue" [За веру и върность]. Die Ordensritter waren verpflichtet, eine hohe Aufnahmegebühr zu entrichten, zu deutsch als Taxe bezeichnet.
Die Insignien des Ordens bestehen aus einem Kleinod, einem goldenen, schwarz emaillierten russischen Doppeladler mit aufgelegtem emailliertem Andreaskreuz mit der Figur des Heiligen in Emaille-Malerei, überhöht von einer kaiserlichen Krone, das an einem himmelblauen Schulterband von der rechten Schulter zur linken Hüfte getragen wurde. Zu besonderen Anlässen wurde das Kleinod an einer besonderen goldenen Ordenskollane getragen, bestehend aus aufeinanderfolgenden Wappen-, Sonnen- und Adler-Gliedern. Dazu wurde auf der linken Seite ein gestickter Bruststern (offiziell bis 1854) getragen, dessen Gestaltung im Laufe der Zeit mehrfach verändert wurde. Im 18. Jahrhundert gehörte nach dem Vorbild anderer europäischer Ritterorden zum Orden auch eine Ordenstracht, deren Mantel auch noch zu Beginn des 19. Jahrhunderts getragen wurde.
Neben der Ausführung in Gold konnte der Orden als besonderer Gnadenerweis des Kaisers in Brillanten, das heißt, die Insignien mit geschliffenen Diamanten besetzt, vergeben werden.
Laut Levin (in LVA S. 1) legte Peter erst am 5. Juli 1703 als siebter Ordensritter den Orden selbst an, bzw. ließ ihn sich selbst verleihen. Bis zu seinem Tode am 28. Januar 1725 verlieh Kaiser Peter I. den Orden 39 Mal. Zwischen dem 25. März 1725 und dem 6. November 1796 (Thronbesteigung Kaiser Pauls I.) erfolgten 243 Verleihungen des Ordens.
Es bestanden zwar von 1720 an nicht approbierte, jedoch angewandte Statuten-Entwürfe; jedoch erst am 5. April 1797, dem Tag seiner Krönung, approbierte Kaiser Paul I. [Павел] I. Petrowitsch (1754-1801 - reg. seit 1796) gemeinsame Ordensstatuten [Уставы четырех императорских русских орденов] für die vier russischen Ritterorden: den Sankt Andreas-Orden, den Sankt Alexander Newkij-Orden, den Sankt Katharinen-Orden und den Sankt Annen-Orden. Davor war der Orden juristisch gesehen statutenlos.
Laut Ukas Kaiser Alexanders [Александр] I. Pawlowitsch (1777-1825, reg. seit 1801) vom 16. August 1804 betreffend eine Statuten-Erweiterung des Ordens konnten gemäß einer jeweiligen persönlichen Entscheidung des Kaisers Ritter des St. Andreas-Ordens, die die entsprechenden Orden noch nicht erhalten hatten, gleichzeitig mit diesem auch den St. Alexander Newsky-Orden und die 1. Klasse des St. Annen-Ordens erhalten. Gemäß einer Entscheidung Kaiser Nikolaus [Николай] I. Pawlowitsch (1796-1855, reg. seit 1825) vom 13. Dezember 1831 betreffend eine Statuten-Erweiterung des Ordens konnte auch der Weiße Adler-Orden, und ab ca. 1857 auch die 1. Klasse des St. Stanislaus-Ordens hinzuverliehen werden. Schon ab dem 23. Mai 1842 konnten laut einer erneuten Statuten-Erweiterung des Ordens auch Ausländer die Kollane des St. Andreas-Ordens erhalten, denen sie bis dahin verwehrt war.
Zwischen November 1796 und Anfang 1917 wurde der Orden 778 Mal verliehen. Blickt man in die Liste der Träger des St. Andreas-Ordens (in LVA), fallen neben den hochrangigen russischen Personen auch eine Reihe ausländischer Souveräne und bedeutender Persönlichkeiten ins Auge. So erhielten unter vielen anderen der spätere letzte preußische König und Deutsche Kaiser Wilhelm II. (1859-1941, reg. von 1888 bis 1918) den Orden am 28. Mai 1871 als Prinz im Alter von zwölf Jahren, seine Gemahlin Auguste Viktoria (1858-1921, geb. Prinzessin von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Augustenburg) am 29. Juni 1884, Friedrich I. Erb-Großherzog-Regent von Baden (1826-1907 Erb-Großherzog-Regent von Baden von 1852 bis 1856, ab 1856 Großherzog) am 6. Juli 1852 und König Karl von Württemberg (1823-1891, reg. seit 1864) im Alter von nur sechs Jahren am 19. April 1829.
Aber auch Otto von Bismarck (1815-1898, 1865 Graf von Bismarck-Schönhausen, 1871 Fürst von Bismarck, von 1862 bis 1890 (mit Unterbrechung 1873) preußischer Ministerpräsident, von 1867 bis 1871 Bundeskanzler des Norddeutschen Bundes und von 1871 bis 1890 deutscher Reichskanzler) erhielt den Orden in "Normalausführung" mit Kollane am 5. Juni 1867 und am 30. August 1872 in Brillanten.
Zwischen 1699 und 1917 wurde der Orden insgesamt 1.060 Mal verliehen. Unter den Beliehenen, die den Orden zwischen 1908 und 1917 erhielten, sind laut Levin (in LVA S. 36 f.) u. a. zu finden:
der portugiesische König Manuel II. (1889-1932, reg. von 1908 bis 1910 - verliehen am 17. Mai 1908);
der französische Staatspräsident Clément Armand Fallières (1841-1931, Präsident von 1905 bis 1913 - verliehen wohl im Jahre 1909);
der belgische König Albert I. (1875-1934, reg. seit 1909 - verliehen wohl im Jahre 1909);
der Sachsen-Altenburgische Herzog Ernst II. (1871-1955, reg. von 1908 bis 1918 - verliehen am 19. April 1909);
der schwedische König Gustav V. (1858-1950, reg. seit 1907 - verliehen am 29. Mai 1909);
der serbische König Peter (1844-1921, reg. seit 1903 - verliehen am 20. März 1910);
der italienische Kronprinz Umberto (1904-19083, regiert 1946 als König Umberto II. - verliehen am 12. Mai 1910);
der deutsche Reichskanzler Theobald von Bethmann Hollweg (1856-1921 - verliehen am 27. Oktober 1910);
der preußische Prinz Eitel Friedrich (1883-1942 - verliehen am 31. Dezember 1910);
der preußische General Hans Georg Hermann von Plessen (1841-1929 - verliehen wohl im Jahre 1912);
der rumänische Kronprinz Carol (1893-1953 - reg. von 1930 bis 1940 als König Carol II. - verliehen wohl im Jahre 1914);
der französische Staatspräsident Raymond Poincaré (1860-1934, Präsident von 1913 bis 1920 - verliehen am 12. Januar 1914);
der preußische Prinz August Wilhelm (1887-1949 - verliehen am 16. Januar 1914);
der braunschweigische Herzog Ernst August (1887-1953 - reg. von 1913 bis 1918 - verliehen am 16. Januar 1914);
der britische Prinz Eduard Albert (1894-1972, reg. als König Eduard VIII. im Jahre 1936, danach Herzog von Windsor - verliehen wohl 1915);
der japanische Kronprinz Hirohito (1901-1989, reg. ab 1926 - verliehen am 27. September 1916);
und als letzter Beliehener überhaupt: der dänische Kronprinz Frederik (1899-1972, reg. seit 1947 - verliehen am 27. Januar 1917).
Von der Provisorischen Regierung 1917 in veränderter Gestaltung übernommen, jedoch nie verliehen, wurde er von der bolschewistischen Regierung per Dekret vom November 1917 zusammen mit allen ehemals kaiserlichen Orden abgeschafft.
In der Aufstellung der zwischen 1908 und 1917 Beliehenen ist auch der belgische König Albert zu finden, der laut Levin (in LVA S. 36 f.) den Orden im Jahre 1909 erhalten haben soll. Diese Angabe ist zu streichen, da er ihn nachweislich aus Anlaß der Krönungs-Feierlichkeiten Kaiser Nikolaus II.(1868-1918, reg. von 1896 bis 1917) bereits im Jahre 1896 erhalten hat, und somit nicht in diese zeitlich begrenze Aufstellung gehört (Eric Tripnaux sei für diesen wichtigen Hinweis recht herzlich gedankt).