Brücken als Zeichen der deutsch-französischen Freundschaft
22. January 2018 16:58
Am 12. August 1897 wurde der Grundstein zu einer neuen Brücke, die das St. Petersburger Marsfeld mit dem Dreifaltigkeits-Platz verbinden sollte, gelegt. Aus diesem Anlass kamen nicht nur Zar und Zarin. Auch der französische Präsident Félix Faure war eigens aus Paris angereist. Denn die Dreifaltigkeits- oder Troizki-Brücke war keine gewöhnliche Verbindung zwischen zwei Ufern. Sie wurde als Symbol der französisch-russischen Allianz errichtet, genauso wie ihr Pendant in Paris, der Pont Alexandre III, der heute noch viele Besucher der Stadt an der Seine verzaubert.
Um die Symbolwirkung dieses Ereignisses zu verstehen, müssen wir ein wenig in der Geschichte zurückgehen und einen Blick auf die Außenpolitik des Deutschen Reichs werfen. Bismarcks Alptraum war ein Bündnis zwischen Frankreich und Russland. Gemeinsam, so seine Furcht, könnten die militärisch starken Partner das Deutsche Reich in die Zange nehmen. Also wurde von deutscher Seite alles vermieden, was den russischen Partner hätte verärgern und in Frankreichs Arme treiben können.
Doch Bismarck übersah den wirtschaftlichen Aspekt: Frankreichs Bürgertum verfügte über Kapital und suchte nach lohnenden Möglichkeiten, es anzulegen. Russland dagegen brauchte Geld. Es gab also schon längst eine wirtschaftliche Zusammenarbeit, als das Deutsche Reich am 5. August 1892 mit Österreich-Ungarn und Italien die Tripel-Allianz erneuerte, und damit Frankreich und Russland den Anlass für eine Militärallianz bot.
Zeitgenössische Karikatur aus der französischen Zeitung "Soleil". Adolphe Willette zeichnet die französische Marianne in engster Umarmung mit dem russischen Bären. Die Bildunterschrift lautet: Wenn ich Deine Liebe erwidere, gibst Du mir dann Deinen Pelz für den Winter?
Der Militärallianz folgte eine engere Zusammenarbeit der Regierungen. Der russische Zar Nikolaus II. reiste im Oktober 1896 nach Paris. Dort legte er den Grundstein zur prächtigen Pont Alexandre III, die nach seinem Vater benannt wurde, der den Vertrag mit Frankreich geschlossen hatte.
Grundsteinlegung für die Troizki-Brücke. Im Mittelpunkt der französische Präsident Félix Faure, zu seiner Rechten Zar Nikolaus II.
Bei seinem Besuch dürfte Nikolaus II. mit der Société de Construction des Batignolles verhandelt haben. Denn auch der Zar wollte eine neue Brücke. Bereits 1892 hatte für die Verbindung zwischen Marsfeld und Troizki-Platz über die Newa hinweg ein Wettbewerb stattgefunden, den Gustave Eiffel gewonnen hatte. Doch dieser kam 1896 als Ingenieur nicht mehr in Frage. Er war 1893 schuldig gesprochen worden, beim gescheiterten Bau des Panama-Kanals Geld unterschlagen zu haben. So wurde an seiner Stelle die damals international äußert aktive Société de Construction des Batignolles mit dem Bau beauftragt. Zur Grundsteinlegung reiste, wie bereits erwähnt, der Präsident der französischen Republik an.
Die Fertigstellung der Troizki-Brücke feierte man demonstrativ am 16. Mai 1903, sozusagen als Höhepunkt der Feierlichkeiten zum 200. Geburtstag von St. Petersburg. Die Einweihung begann mit einer großen Prozession, an der die Mitglieder der kaiserlichen Familie teilnahmen. Der Zar selbst setzte mit einem ersten Knopfdruck die gewaltigen Motoren in Bewegung, mit denen die Klappbrücke angehoben werden konnte. Durch sie blieb es auch für große Schiffe möglich, die Newa aufwärts zu fahren. Nachdem der Zar an der Spitze des Klerus die Brücke geweiht hatte, übergab ihm der Bürgermeister eine goldene Medaille, wie sie Künker in seiner Berlin-Auktion 302 am 1. Februar 2018 anbieten kann. Dazu erhielt der Zar ein Album, in dem der Baufortschritt fotographisch dokumentiert wurde.
Die Brücke über die Newa. Graphik von 1853.
1903 war bei der Eröffnung der Brücke von Frankreich allerdings kaum noch die Rede, auch wenn das immer reichlicher nach Russland fließende französische Geld den Zaren mehr und mehr von der französischen Republik abhängig machte. Das sieht man, wenn man die Umschrift der Medaille übersetzt. Sie lautet: Die Troizki-Brücke wurde in Erinnerung an den 25. Jahrestag der Hochzeit von Kaiser Alexander III. und Kaiserin Maria Fjodorowna errichtet. Begründet 1897. Fertiggestellt 1903.
Nichtsdestotrotz standen Frankreich und Russland auf der gleichen Seite, als die Ermordung des österreichischen Thronfolgers in Sarajewo den Beginn des Ersten Weltkriegs einleitete.