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Die Schlacht bei Poltawa

15. January 2016 15:00


Los 714:
Goldmedaille auf die Schlacht von Poltawa von 1760 nach dem Vorbild der Originalmedaille von 1709.
Das vorzüglich erhaltene Stück, das am 4. Februar 2016 anlässlich der
Berlin-Auktion von Künker versteigert wird, ist mit 20.000 Euro geschätzt
.

 

Eigentlich hatte Karl XII. die Schlacht bei Poltawa schon im Winter des Jahres 1708 auf 1709 verloren. Damals zog sein Heer durch Russland. Und dort war es kalt, kälter als die Schweden es sich vorgestellt hatten. Ihre Kleidung war ungenügend und die Versorgung brach zusammen. Von den 60.000 Mann, mit denen Karl aufgebrochen war, lebte zu Anbruch des Frühjahrs gerade mal noch jeder zweite. Militärisch vielleicht noch schlimmer war das große Pferdesterben. Schließlich transportierten sie die Artillerie. Und da keine Pferde mehr da waren, die seine Kanonen schleppen konnten, musste Karl den größten Teil seiner Artillerie zurücklassen.

Das rächte sich vor Poltawa, das Karl Anfang April 1709 zu belagern begann. Weil es an Pulver, Munition und Kanonen mangelte, konnte er die Stadt nicht sturmreif schießen. Damit hatte Peter die Zeit, das russische Heer heranzuführen: 42.500 Mann mit 102 Geschützen. Das war ein mächtiger Gegner, das sah sogar Karl. Er zögerte anzugreifen. Und diese Zeit nutzten die Russen, um ihre Stellung mit Erdwällen zu befestigen. Die Schweden saßen zwischen der Festung Poltawa und dem befestigten Lager des russischen Heeres in der Falle.

Karl dürfte ziemlich verzweifelt gewesen sein, als er das auf seinem Erkundungsritt sah. Und dann erlitt er auch noch eine schwere Verwundung, die erste, die der junge Mann je in einem hinnehmen musste. Sein linker Fuß wurde von einer Gewehrkugel zerschmettert. Trotzdem befahl er den Angriff.

Als die schwedischen Soldaten am 8. Juli 1709 um 2 Uhr morgens die Erdwälle attackierten, liefen sie in eine Falle. Peters Kundschafter hatten die feindlichen Bewegungen gemeldet. Der Überraschungseffekt war dahin. Die Schweden wurden zurückgeschlagen, und die Russen stellten ihr Heer in Gefechtsformation auf.

Um neun Uhr waren sie angetreten. Die russische Front war um 500 Meter länger als die schwedische, so überlegen waren sie ihren Gegnern. Trotzdem befahl Karl von seinem Krankenlager aus nicht den Rückzug, sondern den erneuten Angriff. Vielleicht mochte sich der erfolgsverwöhnte Feldherr nicht vorstellen, dass ihm eine Niederlage überhaupt zustoßen könne.

Peter selbst führte den Gegenangriff und geriet dabei so nahe ans gegnerische Feuer, dass ihm eine Musketenkugel den Hut durchlöcherte.

Viele schwedische Soldaten wären froh gewesen, wenn die Kugeln nur ihre Hüte getroffen hätten. Sie waren der russischen Artillerie ungeschützt ausgesetzt und wurden dahingemäht. Diesen Moment sehen wir auf der Medaille, die am 4. Februar 2016 während der Berlin-Auktion des Hauses Künker zur Versteigerung kommt: Die Artillerie beherrscht das Feld. Kommandiert von den Generälen, – Peter selbst ist auf dem sich aufbäumenden Ross in der Mitte des Geschehens zu sehen – feuern Musketiere und Kanonen aus allen Rohren. Nur noch wenige Feinde sind zu sehen, und die liegen bereits erschossen auf dem Boden, während von allen Seiten russischer Nachschub heranmarschiert.

Wie viele Männer auf schwedischer Seite gefallen sind? Niemand dürfte sie gezählt haben. Die Angaben variieren. Sicher lag ein Vielfaches der 1.345 toten Russen auf dem Schlachtfeld. Dazu war eine große Anzahl schwedischer Offiziere in Gefangenschaft geraten. Peter gab für sie noch am Abend der Schlacht ein großes Bankett, bei dem er seine Gäste als Lehrmeister auf dem Gebiet der Kriegskunst bezeichnete.

Karl XII. war geflohen. Sechs Jahre blieb er im Exil im Osmanischen Reich. Der Nordische Krieg war damit nicht beendet, hatte aber eine entscheidende Wendung zu Gunsten Russlands genommen.

Der Sieg bei Poltawa war entscheidend für das Selbstbewusstsein Russlands. Dementsprechend wurde er öffentlich gefeiert. Und genauso wollte jeder russische Münzsammler Jahrhunderte lang eine der Medaillen in seiner Sammlung haben, die für die Offiziere, die an der Schlacht von Poltawa teilgenommen hatten, ausgegeben worden waren. Zunächst prägte man die mit den Originalstempeln nach, doch als diese Stempel immer größere Abnutzungserscheinungen zeigten, gab Katharina II. den Auftrag, neue Stempel nach dem alten Vorbild herzustellen. Der Engländer Benjamin Scott, der zwischen 1748 und 1761 in Russland tätig war, schnitt den Stempel für die Rückseite dieser Medaille. Sein Schüler, Samoil Judin, zeichnet für die Vorderseite verantwortlich. Die Medaille dürfte um 1760 geprägt worden sein.

Sie zeugt nicht nur von einer großen militärischen Leistung Russlands, sondern auch vom Engagement der russischen Münzsammler, die seit Jahrhunderten stolz darauf sind, eine Medaille zu besitzen, die an einen der prestigeträchtigsten Siege eines russischen Zaren erinnert.